Thursday, May 16, 2024

LEBEN IST LEIDEN

Vor ein paar Tagen ist ganz unverhofft mein geliebter Kater Wilbur gestorben. Wilbur war 13 Jahre lang mein treuer Begleiter, der mir Freude spendete und eine lebendige Erinnerung an meine im letzten Jahr verstorbene Frau war. Sein Verlust hat mich tief getroffen, und ich bin geneigt zu sagen, dass die Trauer wieder einmal bei mir eingekehrt ist. Aber ist sie das wirklich? Ist sie tatsächlich dieser unerwartete Gast, der immer wieder sporadisch in meinem Leben auftaucht? Oder ist sie schon seit langem mein ständiger Untermieter?
 
Nicht jedes Leiden ist gleich schwer und bedeutsam, so dass die Vermutung nahe liegt, dass wir irgendwann in unserer Entwicklung aufgehört haben, das Leiden in seinen Nuancen als unseren täglichen Begleiter wahrzunehmen.

Die Suche nach einer Erklärung, warum Leid und Trauer in diesem Leben an der Tagesordnung sind, beschäftigt die Menschen seit ihrem Exodus in dieses vergängliche Dasein.  Die Frage nach dem Warum kann ich mir nur mit dem Wissen beantworten, das mir mein Glaube lehrt.  Und der sagt mir, dass wenn das Leben Leiden ist, wir lernen müssen, das Leiden zu leben.
 
WENN LEBEN LEIDEN IST, DANN MÜSSEN WIR LERNEN, LEIDEN ZU LEBEN
 
Gott hat uns kein Leben ohne Leiden versprochen. Stattdessen fordert Er uns auf, uns selbst zu verleugnen und unser Kreuz zu tragen (Matthäus 16,24).  Das ist auf den ersten Blick keine sehr einladende Aufforderung.  Aber Er sagt uns auch immer wieder, dass Er uns nie verlassen wird (Matthäus 28,20), was bedeutet, dass Sein Beistand, Seine Wunder, Seine Weisheit, uns auf unserem ganzen Weg begleiten.

Um wirklich zu leben, müssen wir bereit sein, das Leiden in all seinen Facetten anzunehmen und zu integrieren. Denn nur wenn wir ihm begegnen und es durchleben, können wir sein Wesen verstehen und daraus Weisheit und Kraft schöpfen.  Und genau darum geht es: nicht aufzugeben, sondern aus dem Leiden zu schöpfen.

Jesus lehrt uns, dass das Leiden ein unvermeidlicher Teil des Lebens ist, dem wir uns stellen und das wir annehmen müssen. Er selbst ging uns dabei voran, indem er die schwersten Qualen auf sich nahm und am Kreuz den Tod erlitt. Doch sein Leiden war nicht sinnlos, es war der Weg zur Erlösung und Auferstehung aller, die ihm nachfolgen.

Durch sein Vorbild zeigt uns Jesus, dass wir das Leiden nicht fürchten oder verdrängen sollen, sondern ihm mit Demut, Vertrauen und sogar Freude begegnen können. Denn wer das Leiden annimmt und durchlebt, der öffnet sich für die Gnade Gottes und die Möglichkeit der Transformation.

AUS UNSEREN TIEFEN ERWECKT GOTT NEUE HÖHEN

In 1. Mose 50,20 sagt Josef zu seinen Brüdern, die er nach Jahren wiedersieht, nachdem sie ihn in die Sklaverei verkauften: "Ihr wolltet mir Böses tun, aber Gott hat Gutes daraus gemacht. Durch meine hohe Stellung habe ich vielen Menschen das Leben gerettet".

Der Römerbrief 8,28 bekräftigt: "Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen." Gott kann selbst schwierige Umstände zum Guten lenken für diejenigen, die an ihn glauben.

Hiob erkannte inmitten seines großen Leidens, dass alles von Gott kam - "Der HERR hat's gegeben, der HERR hat's genommen" (Hiob 1,21). Obwohl es zunächst negativ erschien, vertraute Hiob darauf, dass Gott darin einen guten Plan verfolgte.

Die Bibel zeigt immer wieder, dass Gott souverän über allen Umständen steht und selbst aus dem vermeintlich Negativen noch etwas Gutes hervorbringen kann für diejenigen, die ihm vertrauen.

DER SCHMERZ GOTTES

Obwohl das biblische Leiden meist im Kontext des Leidens innerhalb des Glaubens verstanden wird, erklärt die Bibel auch, warum diese Welt, dieses Leben, im Allgemeinen Leiden IST.
Wir vergessen oft den Teil der Schöpfungsgeschichte, in dem Gott zutiefst bedauert, den Menschen erschaffen zu haben.

1 Mose 6,6 - "Der Herr sah, dass die Menschen voller Bosheit waren. Jede Stunde, jeden Tag ihres Lebens hatten sie nur eines im Sinn: Böses planen, Böses tun. Der Herr war tieftraurig darüber und wünschte, er hätte die Menschen nie erschaffen".

DIE UNVOLLKOMMENHEIT DER SCHÖPFUNG

Unser weltliches Leiden hat seinen Ursprung in der gefallenen und sündigen Natur der Welt und der Menschen. Krankheiten, Tod. Naturkatastrophen, zwischenmenschliche Konflikte und vieles mehr, sind eine Folge der gestörten Beziehung zu Gott und der daraus resultierenden Unvollkommenheit der Schöpfung.  Nur deshalb ist Jesus, der menschgewordene Gott, in diese Welt gekommen - um die Schöpfung wieder vollkommen zu machen.  Nicht für diese Existenz, sondern für die nächste.

Das "Leiden leben" ist kein einfacher Weg, aber es ist der einzige Weg, der uns zu wahrer Erfüllung und Selbsterkenntnis führen kann. Dadurch dass wir den Schmerz annehmen und durchleben, anstatt ihn zu fürchten oder zu verdrängen, befreien wir uns von seinen Fesseln und öffnen uns für ein Leben in Achtsamkeit, Dankbarkeit und dem Frieden Gottes in uns, der alles Verständnis übersteigt.

Den Kreislauf von Leben und Tod, von Kommen und Gehen in unserer Welt wird es nicht immer geben, denn diese Welt wird es nicht immer geben.  Und das gibt Hoffnung!
Wir sind zwar in diesem Augenblick wie winzige Funken in einem riesigen Feuer, aber dennoch durch Jesus untrennbar mit Gott und Seiner Liebe verbunden.  Seine Liebe ist unsere Hoffnung und unsere Freude.

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