Christ-Sein, also Jesus nachzufolgen, ist voller faszinierender Paradoxien – Wahrheiten, die auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, im Licht von Gottes Weisheit aber eine tiefere Realität offenbaren. Diese Paradoxien sind nicht dazu da, uns zu verwirren, sondern unseren Glauben zu vertiefen, weil sie uns über das rein Menschliche hinaus zum göttlichen Verständnis führen.
Ich glaube, jeder hat schon erlebt, dass gerade in unseren Schwächen oder scheinbar sinnlosen Momenten der Glaube - die Suche, tiefgründiger und lebendiger wird. Genau in solchen Augenblicken entfalten sich die göttlichen Gegensätze auf besondere Weise.
Wir sind Sünder – und doch gerettet.
(Römer 3,23-24)
Jeder kennt diesen Zwiespalt: Wir sind unvollkommen, fehlerhaft, anfällig zu straucheln. Und doch – durch Christus – sind wir gerecht gesprochen, reingewaschen und Kinder Gottes genannt. Das Paradox liegt darin, beides zu leben: unsere Schwäche ehrlich zu sehen und dennoch ganz in Gnade angenommen zu sein. Gerade das Bewusstsein unserer Unvollkommenheit hält uns demütig, während die Gewissheit der Erlösung uns unerschütterliche Hoffnung schenkt.
Wir finden Stärke in Schwäche.
(2 Korinther 12,9)
In einer Welt, die uns lehrt, nur unsere Stärke zu zeigen und Schwäche zu verbergen, stellt der Glaube diese Logik auf den Kopf. Der Apostel Paulus bringt es auf den Punkt: „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“ An unser Ende zu kommen ist nicht das Ende – es ist der Anfang von Gottes Kraft in uns. Schwäche wird zur Tür, durch die göttliche Stärke einzieht.
Wir erleben Frieden mitten im Sturm.
(Johannes 16,33)
Meist verstehen wir „Frieden“ als Abwesenheit von Problemen. Doch der Friede Christi sprengt diese Definition – er ist ein tiefer innerer Halt, selbst wenn die Wellen toben, der Wind heult und das Leben gegen uns drängt. Es ist kein Frieden trotz des Sturms, sondern im Sturm. Genau das macht diesen Frieden übernatürlich.
Wir sterben, um wirklich zu leben.
(Matthäus 16,25)
Jesus sagte: „Wer sein Leben um meinetwillen verliert, wird es finden.“ Dieses Sterben meint nicht das Ende, sondern das Loslassen – unseren Stolz, unsere Selbstsucht, unseren Drang, alles kontrollieren zu wollen. Ja, es fühlt sich wie Verlust an, aber es ist in Wirklichkeit der Beginn eines freien, erfüllten Lebens. Erst, wenn wir loslassen, kann wahres Leben entstehen – Leben in Fülle.
Wir sind in der Welt – aber nicht von ihr.
(Johannes 17,14–16)
Wir leben mitten in dieser Welt – wir arbeiten, lieben, gestalten, investieren. Doch tief in uns wissen wir: Unsere Heimat liegt woanders. Unsere Werte und unsere Hoffnung gehören zu einem anderen Reich. Das bedeutet nicht, dass wir uns zurückziehen sollen – im Gegenteil: Wir sind eingeladen, mitten in dieser Welt einen Unterschied zu machen, ohne uns von ihr bestimmen zu lassen.
Hier noch ein paar weitere Paradoxien zum Nachdenken:
Wir geben, um zu empfangen.
(Lukas 6,38)
– Großzügigkeit führt nicht zu Mangel, sondern zu Fülle.
Führen heißt dienen.
(Matthäus 23,11-12)
– Wahre Autorität gründet sich auf Demut.
Freude kann im Leid bestehen.
(Jakobus 1,2–3)
– Prüfungen werden zum Ort der Hoffnung.
Die Letzten werden die Ersten sein.
(Matthäus 20,16)
– Gottes Maßstab für Größe ist ein anderer als unserer.
Das christliche Paradox ist keine Verwirrung, sondern Einladung – eine Einladung, anders zu leben, tiefer zu vertrauen und Frieden, Freude und Kraft zu finden an Orten, wo die Welt sie nie vermuten würde. Was sich widersprüchlich anhört, wird in Gottes Händen zur Wahrheit, die verwandelt – von innen heraus.

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